Mit Goethe zur Weltmeisterschaft
Der Kulturverein Ponte Cultura zeigt, dass Brasilien mehr zu bieten hat als Fußball
Mit Goethe zur Weltmeisterschaft
Wegen der diesjährigen FIFA Fussball Weltmeisterschaft, so die offizielle, von der Duden-Regel abweichende Schreibweise, steht Brasilien derzeit vielfach im Mittelpunkt des Interesses. Dass in der Heimat von Pelé und Ronaldo nicht nur manche Kicker echte Künstler sind, zeigt eine Ausstellungsreihe des deutsch-brasilianischen Kulturvereins „Ponte Cultura“.
Die brasilianische Kunst der Moderne wurde in Europa und in den USA lange Zeit als „Dritte-Welt- Kunst“ abgestempelt. Seit 1990 bemühen sich die Aktivisten von „Ponte Cultura“, dies zumindest im regionalen Rahmen zu korrigieren. Zu ihren bislang aufwändigsten Aktionen gehören die insgesamt sieben Ausstellungen, die (zeitlich versetzt) zwischen Mitte Mai und Mitte Juli an sieben Orten in der Altstadt und in den Stadtteilen Johannis und Gostenhof zu sehen sein werden.
Der Nürnberger Kunsthistoriker Günter Braunsberg hat sich bei der Auswahl der Exponate bemüht, etwas von der Vielfalt und der ästhetischen Eigenständigkeit der aktuellen brasilianischen Bildkunst sichtbar und nachvollziehbar werden zu lassen.
Porträts berühmter Männer
Eröffnet wurde der Ausstellungs-Reigen jüngst in der Galerie Arauco, wo dem Besucher vor allem die Bilder von Wilson Neto förmlich ins Auge springen. Thema der farbenfrohen und technisch anspruchsvollen Arbeiten ist die vom brasilianischen Künstler bewunderte deutsche Kulturleistung seit der Zeit der bürgerlichen Aufklärung und der Weimarer Klassik. Auf den aus Handzeichnungen und teilweise übermalten Collageteilen zusammengesetzten Arbeiten Netos begegnen wir nicht nur mehreren Porträts von Goethe neben dem eingeklebten Text von dessen Gedicht „Wanderers Nachtlied“, sondern auch bekannten Darstellungen von Christoph Martin Wieland, Friedrich Hölderlin und Immanuel Kant, von Ludwig van Beethoven, Richard Wagner, Thomas Mann und Bertolt Brecht.
Eine kritische Auseinandersetzung mit dem technischen Fortschritt und seiner zerstörerischen Auswirkung auf die Natur demonstrieren die Bilder von James Kudo. Da scheint der tropische Regenwald einen letztlich wohl aussichtslosen Kampf gegen das Vordringen von industriell gefertigten Stahl- und Plastik-Teilen zu führen. Wie eine Flucht aus den in Brasilien gewiss nicht wenigen Problemzonen des Alltags wirken hingegen die abstrakten Aquarelle von Coca Rodriguez, die gleich neben Kudos Naturschützer-Tafeln hängen.
Mehr Arbeiten der genannten Künstlerinnen und Künstler sind bis 28. Juni in den Gostenhofer Autoren-Galerien „Studio Feinkunst“, „ortart“ und „Café Fernweh“ zu sehen. Die Galerie Röver in Johannis erweitert das Programm um Beispiele neuerer brasilianischer Foto- und Videokunst (bis 22. Juni).
Erst Anfang (beziehungsweise Mitte) Juni werden dann zwei weitere Präsentationen der „Ponte Cultura“-Reihe in der Altstadt eröffnet. In der Café-Bar „Wanderer“ am Tiergärtnertor und im Haus „eckstein“ der Evangelischen Stadt-Akademie werden unter anderem ein Vertreter der in der derzeitigen brasilianischen Kunstszene wichtigen konkreten und konstruktiven Richtung sowie ein für Brasilien repräsentatives Beispiel architekturbezogener Malerei zu sehen sein.
Arauco, Trödelmarkt 13: Brasil – alèm da Bola.
Bis 19. Juli 2014, Mo.–Mi. 11–13 und 14–18, Do.-Fr. bis 19, Sa. 11–16 Uhr
Infos zu den Ausstellungen auf der Homepage des Kurators: www.guenter@braunsberg.info
Nürnberger Nachrichten - Kultur und Freizeit